Für den ersten Teil meiner Ausbildung zum Field Guide hat es mich an den obersten Zipfel Südafrikas verschlagen. Wo der Limpopo die Grenze zu Simbabwe markiert und sich bei Crooks Corner mit dem Luvuvhu vereint, da liegt Makuleke. Jetzt sind wir umgesiedelt. Ins sechs Bush-Bus-Stunden südlichere Selati. Field Guide Level 1 – Halbzeit. Und wo bitte sind all die Vögel hin? Und die Baobabs? Fever Trees? Ich sehne mich zurück. Zurück in die Wildnis und Abgeschiedenheit von Makuleke …

Buch-Tipp:
Gesa Neitzel: Frühstück mit Elefanten*

Ich erinnere mich an einen unserer letzten Tage in Makuleke. Als wir während eines Game Drives einem Lodge-Fahrzeug mit Gästen begegneten. Es war auf dem Rückweg von Banyini Pan. „Outstanding bird life“, schwärmten sie. „Tropical Boubou. Saddle-billed Stork. African Darter …“ Wir schmunzelten, waren verwöhnt und hatten uns bereits an dieses Naturreich samt seiner bunten Klänge gewöhnt. An unseren gefiederten Camp-Mitbewohner Tropical Boubou – pünktlich zum Aufstehen und Schlafengehen ließ er uns und allem was hier sonst noch so kreucht und fleucht lauthals wissen, dass er nach wie vor gesund und munter ist. An das allnächtliche Hyänen-Geheul nicht weit vom Camp. Und wie riesige Red-billed Quelea-Schwärme am Limpopo-River vor der Kulisse eines höchst kitschigen, afrikanischen Sonnenuntergangs Figuren und Formen in den Himmel tanzten. Es ist mir in Fleisch und Blut übergegangen und erst jetzt merke ich so wirklich, wie sehr es mir fehlen wird. Makuleke.

Selati. Hier gibt’s keinen Tropical Boubou, keine Baobabs. Und all die fabelhaften Walks durch den Fever Tree Forest – Geschichte. Der erste Drive hier, er kommt einem Sturmtief gleich. Glücklicherweise bin nicht ich es, die auf dem Fahrersitz mit dem Identifizieren von Bäumen gequält wird. Während der Fahrt. Quasi so im Vorbeifliegen. Ich bin der Pflegefall der Truppe. Nicht, dass ich das nicht schon gewusst hätte! Aber zum ersten Mal fühlt es sich an wie voll eins auf die Fresse. Besondere Stärken lassen sich aus meinen bisherigen Field Obs kaum bis gar nicht erkennen. Am ehesten „Trees“ – dachte ich. Vermutlich auch nur, weil die nicht davonlaufen. Offenbar ein Irrtum.

„Field observation day is the day where students get the opportunity to show off their gained knowledge of trees, birds and tracks. It can be nerve wrecking at times, but if the students paid enough attention in class, prepare well for the assessment then it should not be too difficult to pass.“

EcoTraining

Ich hätte in Makuleke wohl mehr ranklotzen müssen. Vielleicht. Oder eigentlich … nein verdammt! Schließlich hatte ich noch nach gut einer Woche das Campfire bestenfalls knistern gehört. Stattdessen saß ich maximal gestresst mit Stirnlampe und verschiedensten Falter-Spezies in meinem Gesicht Abend für Abend über den Büchern. Astronomie, Biologie, Geologie, Meteorologie. Eine Ausbildung zum südafrikanischen Field Guide im 55-Tage Schnelldurchlauf ist eben kein Ponyhof. Es ist das echte, wilde Afrika. Mir war schon ganz klar, dass das kein Sonntagsspaziergang werden würde. Aber dass mir die Lernerei dann doch so schwer fällt und mein Englisch mich so dermaßen hängenlässt? Ganz zu schweigen von meiner offensichtlich sehr bedingt funktionsfähigen Wahrnehmung. Von einem sechsten Ranger-Sinn kann ich nur träumen. Ich bin ja heilfroh, wenn die anderen fünf anständig zu gebrauchen sind.

„This is a once in a lifetime experience.
So start enjoying it!“

Nicole, Field Guide Level 1 & Back-up Trails Guide
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Foto: © Temujin Johnson / Image Cognito

Die Makuleke Concession im sogenannten Pafuri Dreieck ist ein facettenreiches Fleckchen Erde – mit schroffen Felsformationen und Schluchten, die gen Norden und Osten hin abfallen und mit Wasserlöchern durchzogenen Flussebenen, uralten Baobabs und dichten Fieberbaumwäldern weichen. Das Land gehört dem Volk der Makuleke. Nachdem sie während des Apartheid Regimes von hier vertrieben wurden, erhielten sie ihr Land 1994 schließlich wieder zurück und stellen es seitdem ausschließlich den beiden ansässigen Lodges für touristische Zwecke zur Verfügung. Für den regulären Safari-Gast ist es unzugänglich. So konnte sich Makuleke seine Ursprünglichkeit bewahren.
Mit 240 km² macht die Concession gerade mal ein einziges Prozent der Fläche des Kruger Nationalparks aus, beherbergt aber 75 Prozent aller Tierarten. Die Uhren ticken anders als im Rest des Kruger Parks. Es ist grüner, ungestörter, wilder. Tiere verschiedenster Arten streifen frei umher – über Ländergrenzen hinweg – fast so, als hätte der Mensch nie dazwischengefunkt.

Wir als Field Guide-Anwärter hatten das Privileg, in diesem wildesten, abgelegensten Teil des Kruger Nationalparks von den besten Rangern des Landes lernen zu dürfen. Prüfungen hin oder her, bestehen oder nicht bestehen – fest steht doch, wenn ich in zwei Monaten nach Hause fahre, werde ich so viel Neues gelernt, gesehen und erfahren haben: Was tun, wenn eine Herde Elefanten in Fluchtmodus geradewegs auf dich zustürmt? Warum sind Dungbeetles, Termiten und jedes winzigste Lebewesen nicht wegzudenken aus einem intakten Ökosystem? Und Game-Drive-Regel-Nr.1 – Ginger Nuts Biscuit nicht vergessen!

Gerade hatte ich mein Gedanken-Karussell zum Stillstand gebracht und begonnen durchzuatmen. Das Bushlife – inklusive Campfire und Sternenhimmel deluxe – zu genießen. Spaß zu haben – und heilige Scheiße … wir hatten ’ne Menge Spaß! Und dann … bähm … waren vier Wochen Makuleke einfach so vorbei.

Wie es mir während der zweiten Ausbildungshälfte in Selati erging und wie ich mein Level 1 Kurs zum Abschluss brachte …
Field Guide Level 1 – Lehrreiches Selati

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Meine persönlichen Lieblingsorte

1. Fever Tree Forest

Was soll ich sagen, ich bin ein Waldschrat. Schwarzwälderin, um genau zu sein. Im Wald fühl’ ich mich wohl. Sogar im finstren schwarzen. Jetzt stell’ dir vor er ist goldgelb! Nirgendwo in Südafrika gibt es einen Fever Tree Forest größer als dieser in Makuleke, und nirgendwo will ich lieber sein als hier. Der „Fieberbaum“ hat seinen Namen allerdings nicht aufgrund seiner gelblich-grünen Rindenfarbe. Frühe Siedler brachten Malaria-Erkrankungen mit der Akazie in Verbindung. Zufall – denn der Baum bevorzugt die feucht-warme Gegend hier am Limpopo genauso wie die Malaria übertragenden Anopheles-Mücken.

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2. Nwambi Pan & Reedbuck Vlei

Staubtrocken ist Nwambi eigentlich nie. Um das von Fever- und Ana-Trees gesäumte Wasserloch ist die lebendige Natur unmittelbar. Für mich ist diese Gegend ein ganz besonderer Ort, der mir auf immer im Gedächtnis bleiben wird – aus zwei Gründen: Hier habe ich auf einem 3,5 Stunden Walk als Backup Guide Bruce Lawson den Rücken stärken und meine Prüfung zum Apprentice Trails Guide ablegen dürfen. Kurze Zeit später hatte ich als frischgebackener Backup eines meiner besten Afrika-Erlebnisse überhaupt. Vom warmen Sonnenlicht des Spätnachmittags in Szene gesetzt traten gefühlt tausende Elefanten nach und nach aus dem Schatten der Fever Trees östlich von Nwambi in die offene Ebene von Reedbuck Vlei – auf einen Schlummertrunk bevor die Nacht über Makuleke hereinbricht. Wahnsinn!

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3. Lanner Gorge

Mein Sundowner Spot Nummer 1 ist zweifelsohne Lanner Gorge. Der Luvuvhu schneidet hier auf seiner Reise zum mächtigen Limpopo eine tiefe Schneise in den Fels. Ein kühles Savannah bei soviel Aussicht … ein Träumchen. 


4. Mashishiti Springs

Mashishiti – das Herz von Makuleke. Das ganze Jahr über plätschert frisches Trinkwasser aus der Quelle, die regelmäßig von Wildtieren und zig Vogelarten aufgesucht wird. Der angrenzende Hügel ist der perfekte Spot, um unbeobachtet die Beine auszustrecken, sich mit Kaffee und Rusks zu stärken und einfach nur abzuwarten und zu beobachten. Irgendjemand wird vorbeikommen. Ganz sicher!


5. Hutwini Gorge

Seit vielen tausend Jahren bereits führt der Pfad durch die Hutwini Gorge hinab zur Wasser- und Lebensquelle der Region – dem Luvuvhu River. Es ist als würden die Tiere sich erinnern, wie sie schon im frühen Steinzeitalter von den hier lebenden Menschen durch den Schlund der Klamm geradewegs in deren Rachen getrieben wurden. Noch immer bewegen sich Elefanten auffällig nervös durch die Schlucht. Davon, dass hier tatsächlich Menschen lebten, zeugen Felsschnitzereien oben auf dem Grat. Einen schöneren Ort zum Leben hätten sie sich kaum aussuchen können.


6. Crooks Corner

Man stelle sich vor, man befände sich auf der Flucht vor dem Gesetz. Als Wilderer, Waffenschmuggler oder sonst zwielichtige Gestalt. Wo wäre ein besserer Zufluchtsort als irgendwo am Ende von Nirgendwo. Ein Ort, der umgeben von dichtem Buschland und brütender Hitze, bewacht von Krokodil und Nilpferd kaum zugänglich ist. Wo man im Zweifelsfall mal schnell über die Grenzen von gleich zwei Nachbarländern hüpfen kann, um zu entwischen. Crooks Corner. An den legendären Elfenbeinjäger S. C. „Bvekenya“ Barnard erinnert noch heute eine Gedenktafel. Über Jahre und Jahrzehnte hinweg versteckte er sich hier, um dann später selbst vom Gejagten zum Jäger zu werden. Mehr über sein abenteuerliches Leben rund um Crooks in den frühen 1900ern erzählt der Roman „The Ivory Trail“.
Heute geht’s am Ganoven-Winkel im Dreiländereck Südafrika-Simbabwe-Mozambique sicherlich nicht mehr ganz so wild her. Seine Symbol- und Anziehungskraft hat Crooks aber nie verloren. Und auch Krokodil und Nilpferd tummeln sich nach wie vor gut gelaunt in den Gewässern des Mündungsgebietes von Luvuvhu und Limpopo.

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Mehr Tipps rund um Makuleke

The Outpost Lodge
In der schrofferen südwestlichen Ecke der Pafuri Region hat sich The Outpost in der Kategorie „beste Aussicht“ definitiv den Platz in der ersten Reihe gesichert. Die Luxus-Lodge wurde quasi an den Hang geklebt und überblickt spektakulär das Flusstal des Luvuvhu Rivers. Die moderne, offene Gestaltung der zwölf „Luxury Spaces“ trägt ihr Übriges dazu bei, sich bei all dem gebotenen Luxus trotzdem oder gerade deswegen wild und frei zu fühlen.
Mit um die 1000 Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer muss man schon rechnen. Dafür ist so ziemlich alles inklusive.
Buchen bei booking.com oder über rareearth.co.za
RETURNAfrica
Das Pafuri Luxury Tented Camp von RETURNAfrica liegt am östlichen Luvuvhu – direkt am Flussufer. Der Name läutet ein – das Konzept ist ein anderes als das der Outpost Lodge. Ohne auf Pi, Pa, Pool verzichten zu müssen, bleibt hier der Camping-Charakter eines echten Safari-Abenteuers im Fokus. Näher ran geht kaum. Von der eigenen Veranda jedes der 19 „Luxury Tents“ aus können Elefanten beim Plantschen im Fluss beobachtet werden.
Buchen bei booking.com oder über returnafrica.com
Pafuri Walking Safaris
Noch ursprünglicher gehts im Pafuri Trails Camp zu. Das Basislager der Pafuri Walking Safaris öffnet seine Zelte von April bis Oktober. Im uneingezäunten Camp beginnt das Wildnis-Abenteuer direkt beim morgendlichen Aufziehen des Zelt-Zippers. Zu Fuß streifst du durch den Busch – Seite an Seite mit Elefant, Büffel und Nashornkäfer – überall dorthin, wo der Land Rover schlapp macht.
Buchen über returnafrica.com oder bei Rhodes von shanganitrails.co.za
Ranger Kurs mit EcoTraining
Für ein intensiveres Safari-Erlebnis kann ich nur jedem einen Ranger Kurs mit EcoTraining ans Herz legen. Neben der ersten Hälfte des Apprentice Field Guide-Kurses, der Grundausbildung zum Safari-Guide, habe ich auch meinen Trails Guide Kurs in Makuleke absolviert. Auch einige „Wildlife Short Courses“ finden in Makuleke statt.

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3 replies on “Field Guide Level 1 – Wildes Makuleke

  1. Hallo Claudia,
    ach wie schön! Die Bilder sind der Hammer, da werde ich gleich ein wenig wehmütig. Wir wollten ursprünglich letztes Jahr für 1-2 Monate nach Südafrika – da ist uns aber leider was dazwischen gekommen. Bei den Bildern hier und deinem Text komme ich aber gleich wieder ins Schwärmen! Jetzt wollen wir aber lieber erst mal ein wenig warten, bis sich die Wasserkrise wieder normalisiert.
    Beste Grüße,
    Francis

    1. Hallo Francis,
      vielen Dank! Ja, Südafrika ist schon der Hammer. Ich kann dir nur empfehlen euer Vorhaben noch nachzuholen. Und unbedingt auf Safari gehen ;) Es gibt nicht weit von der Garden Route einige schöne Lodges und Private Reserves, aber am besten natürlich im Kruger <3
      LG,
      Claudi

      1. Hi Claudi,
        okay, danke für den Tipp! Das werden wir uns mal ansehen. Safari ist ehh voll unser Ding ;)
        Sonnige Grüße, Francis

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