„I could never follow. I’m taking the long way, taking the long way around …“ Zusammen mit gut 2000 gleichgesinnten Cowgirls und Cowboys gröle ich die letzten Zeilen der Zugabe, die leider viel zu schnell herbeieilte, aus meinem tiefsten Inneren hinaus in die Welt – auf jeden Fall aber in den voll besetzten Falconer Salen in Kopenhagen. Westerngitarre, quirlige Banjo-Staccati und Fiedeln bis die Wände wackeln! Es ist das Beste, was Country zu bieten hat, es sind die Dixie Chicks. Der Gedanke, nach Kopenhagen zu reisen, um amerikanische Countrymusic zu hören, scheint zwar erstmal abwegig, aber wie die Cowgirls in ihrem Song treffend bemerken, sind es doch oft die Umwege, die uns die besten Erfahrungen bringen. Und hey, ein Chick muss eben tun, was ein Chick tun muss. In diesem Sinne: „Hej fra Danmark!“

Gelohnt hat sich die Reise also alleine schon des Konzertes wegen. Was aber gibt’s in der dänischen Hauptstadt für ein deutsches Cowgirl sonst noch zu entdecken? Beim ersten motivationsgeladenen Verlassen meines Hostels werde ich dann direkt von einer Herde Drahtesel ausgebremst. So habe ich schnell und gerade noch schmerzfrei Kopenhagens oberstes Gebot erlernen müssen: Diese Stadt gehört den Radfahrern! Mit der Rolle der Gejagten habe ich mich als passionierte Fußgängerin dann wohl abzufinden.

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Anstatt mich jedoch von den Stromschnellen der Stadt wie etwa der Strøget, Europas längster Einkaufsmeile, fortreißen zu lassen, entkomme ich dem Treiben durch all die hübschen oder auch die hübsch schäbigen Seitensträßchen mit gemütlich kleinen Cafés, Szene-Bars und versteckten Souterrain-Boutiquen.

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Zu Fuß und ohne jede Hektik habe ich so ratzfatz mehr Sehenswürdigkeiten gesehen, als mir jeder Reiseführer hätte empfehlen können: Schloss Rosenborg, das poppige Hafenviertel Nyhavn und weiter zur blaublütigen Margrethe und ihrem bescheidenen Wohnsitz mit Namen Amalienborg.

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In Begleitung von Humba-Tätärä und Säbelrasseln marschieren wie jeden Tag zur Mittagszeit die königlich-dänischen Gardisten in traditionell blauer Uniform über den Schlossplatz. Mit tief ins Gesicht gezogenen Bärenfellmützen lösen sie ihre müden Kollegen vom Wachdienst ab.
Als stets aufmerksame Paparazza habe ich natürlich sofort bemerkt wie einer der Soldaten erschreckend zügellos angeregt mit einer jungen, blonden Dame plaudert. Welch‘ Skandal … wäre ich in England. Doch anders als die britischen Wachen dürfen die Dänen auch mal das eine oder andere Wort mit Touristen wechseln, ein Foto machen oder gar lächeln – lediglich ein Sicherheitsabstand von einem Meter wird gefordert.

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Von Amalienborg ist es dann nur noch ein Pferdchensprung zu Hans Christian Andersens kleiner Meerjungfrau. An der Uferpromenade auf ihrem Felsen sitzend erträgt die in Bronze gegossene Arielle Tag ein Tag aus geduldig das Getätschel tausender Touristen.

„Es war ihr, als ob sie weinen müsste, aber Seejungfern haben keine Tränen und leiden darum so viel mehr.“

H. C. Andersen „Den lille havfrue“

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Musik-Tipp:
The Essential Dixie Chicks*

Dass Kopenhagen so ganz ohne Regen nicht geht war klar! Die ohnehin zu erwartenden Schauer werden kurzerhand für einen Besuch des dänischen Nationalmuseums genutzt. Die gesamte Kulturgeschichte Dänemarks … inklusive Wikinger-Ausstellung. Ihr wisst schon: großgewachsene, grimmige Menschen mit rotblonden Haaren und ausgeprägtem Bartwuchs. Gehörnte Helme auf dem Kopf, Streitaxt und Schild in den Händen und furchterregende Drachenboote unterm Hintern. Super, Wickie fand ich schon immer toll!
Palim, Palim! Die paar Schmuckstücke, Münzen und Becherchen sind ja ganz nett und jaaa, die Runensteine schon echt … wuchtig! Aber wo bitte sind die richtig coolen Sachen? Die roten Schilder und bunt bemalten Segel? Hölzerne Drachenköpfe, Bootsfragmente, Kleidungsstücke, Waffen- oder Rüstungsteile? Ganz ehrlich, am spannendsten erscheint mir da ja noch das „Viking Blod!“ im Museumsshop – eine Mischung aus Honigwein und Bier, wie sie in der Wikingerzeit zwischen 800 und 1000 n. Chr. wohl sehr verbreitet gewesen war.

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Entsprechend enttäuscht stapfe ich eine Weile bockig durch den Regen, starre vom „Runden Turm“ auf die Dächer Kopenhagens, suche gar Ablenkung bei den immer gut gelaunten Hippies in Christiania. Meine Gedanken aber kreisen nur noch um eines: Kann das wikingertechnisch schon alles gewesen sein? Einmal Wikingerblut geleckt, kann ich mich damit auf gar keinen Fall zufrieden geben.

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Julie arbeitet im Danhostel an der Rezeption. In ihrer Heimatstadt Roskilde gäbe es ein Wikingerschiffsmuseum, direkt am Fjord und nur etwa 30 Kilometer von Kopenhagen entfernt gelegen, so ihre Empfehlung. Und mit meiner Copenhagen-Card ist die einstige Königsstadt kostenlos in etwa einer Stunde via Regionalbahn zu erreichen. Perfekt. Gleich morgen früh geht’s los!

Wikingerschiffsmuseum in Roskilde

Fünf außergewöhnliche Funde aus dem 11. Jahrhundert, die sogenannten Skuldelevschiffe, bilden den Kern der Ausstellung über die wikingerzeitliche Schiffahrt. Wo man 1962 ein einziges Schiffswrack bergen wollte, fand man schließlich fünf Schiffe unterschiedlicher Bauweise, die die Wikinger von einst im Fjord versenkt hatten. Zum Museum gehört außerdem eine eigene Bootswerft, wo die Arbeiter bei ihrem Handwerk beobachtet werden können. Hier werden Rekonstruktionen frühgeschichtlicher Boote in Originalgröße hergestellt – mit der Besonderheit der damaligen Bauweise. In den Sommermonaten finden zusätzlich diverse Sonderausstellungen und Veranstaltungen statt, wo Groß und Klein selbst als Wikinger aktiv werden können.
Schaut rein unter www.vikingeskibsmuseet.dk.

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Der Segeltörn, bei dem man als Besatzungsmitglied lernt, das Ruder eines echten Wikingerschiffes zu führen, fällt für mich leider flach. Die Segelsaison beginnt erst Anfang Mai.
Trotzdem: Der Abstecher nach Roskilde lohnt sich alle Mal – auch wenn mich die gescheiterte Bootstour und die Erkenntnis, dass die Wikinger überhaupt gar nie irgendwelche gehörnten Helme trugen, etwas traurig stimmen. Dafür habe ich Wikingerblut getrunken, Wikingerkost gegessen und meine Cowboyboots, die habe ich im Wikingerladen gegen Gummistiefel eingetauscht. Und zum Segeln komm‘ ich dann im Sommer einfach wieder. Ich geh‘ sie immer wieder gerne, diese Umwege. „I’m taking the long way, taking the long way around!“

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5 replies on “Kopenhagen – Cowgirl sucht Wikinger!

    1. Hallo Tabitha. Danke dir! Wünsch dir ganz viel Spaß in Kopenhagen. Falls du den Wikinger-Segeltörn in Roskilde machst, musst du unbedingt davon berichten! Würde mich sehr interessieren. Liebe Grüße,
      Claudi

  1. Hallo Claudia,

    toller Artikel und echt schöne Bilder. Ich fahre im Mai nach Kopenhagen und werde bestimmt einige von deinen Tipps berücksichtigen. Generell gefällt mir dein Blog sehr!

    Liebe Grüße!
    Anja

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