Strarbucks Coffee in der unmittelbaren Nachbarschaft! Was will man mehr? Na ja, wärmere Kleidung vielleicht! Und etwas mehr Schlaf wäre auch nicht ganz so schlecht. Aber egal. Allzu viel Zeit bleibt mir hier in Christchurch sowieso nicht, umso besser will ich sie nutzen.

Basis meines für heute geplanten ganz persönlichen Stadtrundgangs – nur ich und mein Lonely Planet – ist meine Unterkunft direkt am Cathedral Square mit dem passenden Namen Base Backpacker. Buchstäblich vom Zimmer ins Zentrum des Geschehens. Apropos Zimmer – abgesehen von der zentralen Lage des Hostels habe ich mir außerdem den Luxus der sogenannten „Sanctuary“ gegönnt. Girls Only … auf einer ganzen Etage, 5-Sterne Laken, Federkissen und Daunendecke, die mich letzte Nacht im Übrigen vor dem Erfrierungstod bewahrt hat. Grundsätzlich sehr sehr sauber. Eines der besten Hostels bisher. Meine Mitbewohnerinnen allerdings habe ich mit meiner unverhofften Ankunft nächtens etwas verschreckt.

Wie auch immer, es ist 8 Uhr durch und im Christchurch Visitor Centre, das im selben schicken rot-weißen Backstein-Gebäude des ehemaligen Hauptpostamts residiert wie auch Starbucks Coffee, sammle ich einige Flyer und Prospekte, um mich bei einem gemütlichen Flat White über alles Sehenswerte in der Stadt zu informieren. Wie clever, der Souvenirshop, gleich neben der Touristeninformation …
Bis dato zwar noch nicht vertraut mit der indigenen Kultur, bin ich doch tief beeindruckt vom Kunsthandwerk, dem Schmuck und den stammestypischen Schnitzereien der Māori. Ich steh total auf den ganzen Scheiß! Nach längerem Hin und Her fällt meine Wahl auf einen Anhänger aus Jade-Gestein. Pounamu, der grüne Stein der Götter, seit jeher der größte Schatz der Māori. Aus dem einen Souvenir-Shop raus, einmal die Straße überqueren, und in den nächsten wieder rein. Mit handgeschnitztem Māori-Symbol um den Hals und eingemummt in einen dicken, schwarzen „All Blacks“-Fleece-Pullover bin ich kurz darauf gewappnet für alle neu(seeländisch)en Eindrücke, die neben den zuweilen eisigen, antarktischen Winden noch auf mich einströmen werden.

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Christchurch ist nach Auckland zwar die zweitgrößte Stadt Neuseelands, mit nur 350.000 Einwohnern und einer sehr kompakten Innenstadt aber recht überschaubar. Ich will mich heute auf den Kunst- und Kulturbezirk rund um den Worcester Boulevard konzentrieren und mache mich auf den etwa 700 Meter langen, gepflasterten Weg zwischen Christchurch Cathedral und Botanischem Garten. Mit dem sonnigen Sydney und dessen grellen, kraftvollen Farben im Hinterkopf scheint es mir, als hätte man hier in Christchurch den Regler für die Farbsättigung nach unten gedreht, als wären die Farben der Stadt ergraut. Kein stumpfes, tristes Grau. Ein bescheidenes, aber stolzes, royales Grau. Englisch eben. Viktorianisch. Allmählich beginne ich, mich auch an die Temperatur zu gewöhnen, die frische, unverbrauchte Luft gar zu genießen.
Die Bäume entlang der Straße wechseln sich in regelmäßigen Abständen ab mit nostalgischen, zweiarmigen Straßenlaternen. Ihre tannengrünen Pfähle und roten Hängelaternen fügen sich unauffällig ins herbstlich geprägte Stadtbild ein. Hin und wieder rattert eine alte Tram vorbei. Von 1905 an dienten diese elektrisch betriebenen Straßenbahnen dem Transport von Personen, 50 Jahre später allerdings wurden sie wieder abgeschafft. Seit 1995 operieren einige Oldtimer-Trams als Touristenattraktion auf einer 2,5 Kilometer-Schleife durch die Innenstadt.

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Erster Stop: Die Christchurch Art Gallery. Te Puna o Waiwhetu. Einer Insel der Moderne gleich ragt der zeitgenössische Bau empor aus seiner viktorianischen Umgebung, umspült von den Wellen des Avon River, die sich in Form einer gläsernen Fassade geschmeidig um das Gebäude winden und Tageslicht ins Innere dringen lassen. Denn dort sind sie ja bekanntlich zu finden, die Werte, auf die es ankommt: die herausragendsten und wichtigsten Kunstsammlungen Neuseelands. Meine Favoriten: Bleistift- und Kohlestudien, sowie Landschaften in Öl aus dem späten 19. Jahrhundert von Petrus van der Velden (1837–1913), ein gebürtiger Niederländer, der im Jahre 1890 nach Neuseeland auswanderte und dort auf die wilde, unberührte Schönheit der Otira-Region im Herzen der Southern Alps traf, die er für seine Nachwelt gleich mehrfach in Öl festhielt.

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Während ich mich immer der Nase nach entlag des Worcester Boulevard dem Arts Centre nähere, wird die Straße deutlich belebter, die Gerüche exotischer. Die unzähligen kleinen Buden und Stände, auf die ich Sekunden später treffe, erklären warum: Sonntag, gleich Markttag! Das bunte Treiben des Arts Centre Weekend Market vor der basaltgrauen, neugotischen Kulisse der ehemaligen Universität von Canterbury ist in vollem Gange. Einheimische wie Touristen schnabulieren allerlei Leckereien und wühlen sich durch die Handwerks- und Kunst-Schätze, die es hier unbeeindruckt von der Wetterlage jedes Wochenende zu entdecken gibt. Ich mische mich unters Volk und komme ins Gespräch mit Pauline, die ihre selbstdesignten Röcke verkauft. Sie bevorzuge keine bestimmten Materialien, erklärt sie mir, ließe sich von alle dem inspirieren, was sie gerade da hat, ob Küchentücher, Vorhangstoffe oder die feinsten Kleiderstoffe. Schlichtes, Schickes, Traditionelles oder Verrücktes, jede Kundin kann sich das ganz persönliche, auf sie zugeschnittene Einzelstück aussuchen.
Wem das Gewusel auf dem Hippie-Markt nicht genügt, kann im Inneren des auf 23 Gebäude verteilten Arts Centre der Entstehung von Kunststückchen jeglicher Art auf den Grund gehen und einigen Künstlern persönlich beim schneiden, malen, nähen, kleben, stricken, töpfern, schnitzen und schleifen über die Schultern schauen.

Buch-Tipp:
Der Herr der Ringe - Reiseführer zu den Schauplätzen*

Die nächste Station meiner kleinen Christchurch Kultour ist das Canterbury Museum am Ende der Straße. Seit rund 130 Jahren erfreuen sich Besucher aus aller Welt an über 2.000.000 Ausstellungsstücken, verteilt auf 3 Etagen, eingeteilt in 7 Haupt-Themengebiete mit Fokus auf Canterbury. Hier meine Hitparade der besten 4 Galerien: Moa, Kea, Kiwi & Co. Was macht Neuseelands Tier- und Pflanzenwelt so einzigartig? „Our Land and Animals“ zeigt die geologische und biologische Geschichte des Landes. Vom Leben der Māori im unberührten Neuseeland vor dem ersten Kontakt mit europäischen Einflüssen erzählen uns ihre Kulturschätze, die sogenannten Taonga. Die fantastische „Iwi Tawhito“-Sammlung rückt die schönsten Stücke, Werkzeuge, Waffen und Schnitzereien aus Jade-Gestein, Knochen oder Holz, ins beste Museumslicht und bringt uns die Kultur und die Traditionen des indigenen Volkes näher. Wie wurde das Volk der Māori vom Eintreffen der britischen Siedler vor etwa 240 Jahren dann beeinträchtigt? „Peoples of Waitaha/Canterbury“ dokumentiert die Entwicklung der kleinen Siedlung von Canterbury auf dem Morast der Canterbury Ebene zur englischsten Stadt außerhalb Englands. Die Spuren der frühen Siedler führen durch die Straßen des kolonialen Christchurch und bekunden, wie die Leute damals lebten und sich fortbewegten.
Mein absolutes Highlight neben der besagten Māori-Ausstellung ist „Antarctica“: Real Cool. Der kalte Kontinent spielt im „Land der langen weißen Wolke“ und speziell in Christchurch insofern eine große Rolle, als das nahe gelegene Hafenstädtchen Lyttelten Ausgangspunkt einiger wichtiger Expeditionen war. Namen wie Scott, Shackleton, Amundsen, Fuchs oder Hillary prägten das Goldene Zeitalter der Südpol-Forschung. Die epischen Abenteuer der Helden dieser Ära, denen die Widrigkeiten der antarktischen Eiswüste extremste physische und mentale Kräfte abverlangten, werden mit der Ausrüstung und den Geschichten, die sie uns hinterließen, im Canterbury Museum wieder lebendig. Das Eis ist gebrochen, mein Interesse geweckt … gerne würde ich auch dem International Antarctic Centre in der Nähe des Christchurch Airport einen Besuch abstatten, doch aufgrund der fehlenden Zeit bleibt mir das leider verwehrt.

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Stattdessen streife ich entlang der mit Rasenanlagen und Bäumen bewachsenen Ufer des idyllischen Avon durch den Hagley Park und beobachte die Romantiker unter den Touristen, die sich beim „Punting“ von Stechkahnfahrern à la venezianischem Gondoliere über den Fluß schippern lassen. Die sommerliche Blumenpracht im Botanischen Garten ist leider nur noch spärlich erkennbar, und doch ist zu erahnen, warum Christchurch sich den Spitznamen „Gartenstadt“ eingeheimst hat.
Auf dem Rückweg zur Basis entschließe ich mich, noch einen Blick in die Christchurch Cathedral zu werfen. Die das gesamte Stadtzentrum dominierende neugotische Architektur des 19. Jahrhunderts verleiht insbesondere der Kathedrale ihre Gestalt. Die Formensprache orientiert sich am Stil der mittelalterlichen Gotik und deren „höherstrebenden“ Merkmalen: Betonung der Vertikalen, Spitzbögen, filigranes Maßwerk und bunt bemalte Fenster. Obwohl der Ausblick vom 63 Meter hohen Glockenturm grandios sein soll, ergebe ich mich bei den ohnehin nicht optimalen Sichtverhältnissen wehrlos meiner Höhenangst und erspare mir so die mühseligen 133 Stufen bis zur Spitze. So. Und weil mir mein schlechtes Gewissen jetzt sowieso keine Ruhe mehr lässt, werde ich an dieser Stelle meine Christchurch-Besichtigungs-Tour beenden, mich zurück im Hostel in mein Sportler-Dress schwingen und meinen mittlerweile etwas schwerfällig gewordenen Körper noch ein Stündchen im Laufschritt durch die Straßen und Parks der Stadt schieben … See ya tomorrow!

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Unterkunft

Base Backpackers Christchurch

Ausstattung56 Zimmer, Preis pro Zimmer und Nacht im „Sanctuary Dorm Room“ für 4 bis 6 Mädels 31 NZD (ca. 20 EUR), Gepäckaufbewahrung, Kreditkarten werden angenommen, rund um die Uhr besetzte Rezeption, Tourschalter, Trockenreinigung/Wäscheservice
Kontakt56 Cathedral Square, 8011 Christchurch
fon (03) 982 2225, fax (03) 982 2226, freephone 0800 942 225
christchurch@basebackpackers.com

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