„Jack versus the Volcano“ – die Geschichte des kleinen Mannes, der sein Heim gegen die Naturgewalt Vulkan veteidigt. Es klingt wie aus einem Märchenbuch, ist tatsächlich aber ein Artikel im Inflight Magazine von Hawaiian Airlines, der mich während der 30 Minuten Flugzeit von Maui zur Big Island Hawaii nicht mehr losließ. Jetzt, zwei Tage später, befinde ich mich selbst mittendrin im schaurig schönen Märchenwald bizarrer, versteinerter Wesen – nicht weit weg von der Stelle, an der Hawaiis Vulkangöttin Pele Jack Thompsons Haus im März 2012 unter einem Lavastrom begrub.

Kīlauea: „Spucken“, in hawaiischer Sprache

Die Eruption ist nach wie vor im Gange … seit schlappen 30 Jahren. Im Kessel der Gipfel-Kaldera des Kīlauea braut Pele gerade ihre brodelnde Mixtur aus Basalt, Eisen und Schwefel. Von den fünf Vulkanen, die zusammen die Big Island von Hawaii bilden, ist der Kīlauea der jüngste und darüber hinaus der aktivste Vulkan der Erde. Als Schildvulkan eruptiert er für gewöhnlich nicht in explosiver Form, wie man das von Schichtvulkanen wie zum Beispiel dem Mount St. Helens in den USA oder dem Pinatubo auf den Philippinen kennt. Die sogenannte Effusion verläuft im Gegensatz zur explosiven Vulkantätigkeit vergleichsweise friedlich.

Während Pele ihr Süppchen einige Jahre lang nicht im Hauptkrater, sondern im etwa 15 Kilometer davon entfernten Puʻu-ʻŌʻō-Krater kochte, kehrte sie im März 2008 wieder in den Halema’uma’u-Krater am 1219 Meter hohen Gipfel des Kīlauea zurück, wo sich ein neuer Förderschlot öffnete. Zu einer richtigen Eruption ist es bislang nicht gekommen. In einigen Metern Tiefe blubbert die rotglühende Brühe noch fromm vor sich hin. Ihr Schein leuchtet hell in der Dunkelheit. Die nächste Lavaflut … lediglich eine Frage der Zeit.

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Die Chain of Craters Road: Vom Krater bis zum Pazifik

Die Hinterlassenschaften der feurigen Dame scheinen düster und karg. Schlafende Lavaströme, tiefe, steilwandige Krater und finstere Lavaröhren säumen die Chain of Craters Road, die sich derzeit über etwa 30 Kilometer die Südhänge des Kīlauea hinunter windet. An der Küste endet die Straße. Abrupt. Verschluckt: Pele.
Die reizvolle Strecke, die ihren Namen einer Reihe kleiner, leicht mit dem Auto zu erreichender Krater verdankt, offenbart das gewaltige Ausmaß der Naturgewalt Vulkan in Form von riesigen schwarzen Gesteinswüsten gespickt mit skurrilen, erstarrten Skulpturen aus Lava. 1969 wurde die Straße zum ersten Mal von den Lavaströmen des Kilauea geschluckt, 1979 dann aber etwas umgeleitet wieder eröffnet, bis die Vulkangöttin Pele sich im Jahre 1988 erneut gegen sie aussprach und einen Abschnitt von mehr als 16 Kilometern unter einer Lavaflut verschwinden ließ. Aller Voraussicht nach soll man sich mittlerweile Peles Willen ergeben haben und die Straße nicht wieder erneuern.

Leichter Nieselregen färbt das Braun-Grau der erstarrten Glut tiefschwarz. Schaut man sich aber genauer um, strotzt diese vermeintliche Einöde nur so vor Farben, Formen und Leben. Jeder Grashalm strahlt grüner, jede Ohia-Blüte röter und jeder Regenbogen bunter vor der rußigen Kulisse des Hawaii Volcanoes Nationalpark.

„It was so nice and peaceful – typical Kalapana magic”. 

Jack Thompson

Bei Einbruch der Dämmerung führt mich der Weg zurück zum Observatorium auf dem Gipfel des Feuerbergs, wo ich’s mir – den Blick direkt auf Peles Wohnsitz im Krater gerichtet – gemütlich mache. Die Dunkelheit dieser ruhigen, klaren Nacht lässt den Himmel spektakulär erstrahlen im glühenden Schein des Lavasees im Kraterinneren: Die Vulkangöttin hat das Licht angeknipst.

Update: Im Mai 2018 kam es zu einem ungewöhnlich heftigen Ausbruch des Kilauea. Schon im April quoll der Lavasee im Halema’uma’u-Krater über und am Puʻu ʻŌʻō öffneten sich Risse im Boden. Begleitet von mehreren Erdbeben kollabierten nur kurze Zeit später beide Krater. Unterirdisch bildeten sich Gänge ablaufender Magma. Überirdisch schossen Asche und Lavafontänen in den Himmel und machten Leilani und Kapoho am Ostzipfel der Insel dem Erdboden gleich. Die Landschaft hat sich seither drastisch verändert. Lavaströme sind aktuell nicht zu beobachten. Mehr Infos findest du unter nps.gov.

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Heute mal in Grün – Green Sands Beach

Hawaii Forest & Trails
Ganz heißer Tipp: Das Twilight Volcano Adventure mit Hawaii Forest & Trails ist jeden Cent der 179 USD (ca. 137,40 EUR) wert. Der 12 Stunden Round-Trip auf Hawaiis Big Island findet in Kleingruppen statt und ist sehr flexibel gestaltet. Denn was die Vulkangöttin Pele so im Schilde führt, ist kaum vorhersehbar, sodass unter Umständen die Spontanität der sehr orts- und sachkundigen Guides gefragt ist.
Check it out: www.hawaii-forest.com

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