Der älteste Verbindungsweg zwischen Berner Oberland und Wallis ist der Lötschenpass. Er ist die Schweizer Übersetzung einer Höhenmeter-Odyssee. Für den Schweizer Wanderer im Berner Oberland möglicherweise ein gewöhnlicher Sonntagsspaziergang, für drei Elztäler Berggeisen ein zweitägiger, unberechenbarer Mix aus Begeisterung, Schrecken und Erschöpfung. Aus sommerlichem Sonnenschein, Wind, Eis und Neuschnee.
Tag 1: Die Höhenmeter-Odysee
Die irritierend flachen Kilometer durchs Gasterntal scheinen die vielen wissentlich zu überwindenden Höhenmeter bis zum 2690 Meter hohen Lötschenpass aufzuschieben – um sie uns anschließend als geballte Macht in Felswand-Verkleidung unerwartet vor den Latz knallen zu können. Als hätte jeder schwerelose Schritt taleinwärts in der Ebene sie weiter zusammengestaucht und den Anstieg noch steiler werden lassen.
Und dann, wenn du’s bereits hoch zur Balme geschafft, den Lötschegletscher unter der Ostwand des Balmhorns hinter dir gelassen hast und glaubst, dir eine Vesperpause verdient und Zeit zum Durchatmen zu haben, könntest du auf entgegenkommende Wanderer treffen. Und du könntest dumm genug sein, in euphorischer Erwartung des Zieleinlaufs nach dem Restweg zu fragen. Oder du könntest einfach die mords Kulisse und dein Leberwurstbrot genießen …

Die Überquerung der Kander beim Berghotel Steinbock in Selden läutet den steilen Aufstieg ein. Es sind die letzten mühelosen Schritte in der Ebene, bevor’s vorbei am Leitigbachfall hinauf in Richtung Gfelalp geht.
Das einstige Berggasthaus Gfelalp scheint ausgestorben. Trotzdem … nach dem ersten packenden Steilstück bietet es ein willkommenes Rast-Plätzchen auf der 1847 Meter hoch gelegene Alp, um die sich Legenden ranken.
„[…] Mitten im vollen Sommer brach ein hochwinterliches Schneegestöber über Gfel und dem darüber thronenden Balmhorn herein. Am nächsten Tag schien eine brennende Sonne vom Himmel. Aus der Ostflanke des Balmhorns lösten sich mächtige Lawinen. Unter meterhohem Schnee wurden Mensch, Tier und Hütte begraben. […] Seither war die Alp verflucht, […]“
Die Sage von der Gfelalp
Den Lötschegletscher überquerend, erkennt man im Rücken das hintere Gasterntal und den Kanderfirn. Die meterdicken Eisschicht unter uns liegt verborgen unter Schutt und Geröll. Erst spät merken wir, worauf wir uns befinden, und sind komplett geflasht vom Ausmaß der Eislandschaft, die uns umgibt – Gletscherspalten inklusive: „Eva, pass uff, mir hen Ongscht!“ Vesperpause! Die Eismoränen des Lötschegletschers haben wir hinter uns gelassen, weit kann es jetzt nicht mehr sein … aber ganz schön kraxelig: Der Restweg ist mit einem Mini-Klettersteig zu vergleichen und führt über die mit Stahlseilen gesicherte Felskuppe oben rechts im Bild. Dahinter ist in nicht allzu weiter Ferne dann die Lötschenpasshütte zu sehen.
Etappe 1 im Überblick
Von Kandersteg, Talstation Sunnbüel bis zur Lötschenpasshütte
Anfahrt
- Individuelle Anfahrt zum Bahnhof Kandersteg: Parkmöglichkeiten vorhanden
- Mit dem Ortsbus Kandersteg zur Talstation der Luftseilbahn Sunnbüel: Der Bus verkehrt zur Hauptsaison stündlich, zur Nebensaison alle zwei Stunden. Die Fahrt dauert 10 Minuten. Auskunft und Tickets (CHF 3.60) gibts im Bahnhofsgebäude.
Wegpunkte
- Strecke: 12,6 Kilometer
- Marschzeit: 6 Stunden
- Aufstieg: 1634 Höhenmeter
- Abstieg: 141 Höhenmeter
Unterkunft
Infos und Reservierungen unter www.loetschenpass.ch
Tag 2: Vom Lötschenpass hinab zur Fafleralp

Nach knapp zweieinhalb Stunden Gehzeit erreichen wir die Lauchernalp. Im Falle absoluter körperlicher Erschöpfung führt von hier eine Seilbahn ins unterhalb der Alp liegende Örtchen Wiler. Vor uns liegen indessen noch neun Kilometer Höhenweg mit bester Sicht auf die Gletscher und Berge des Lötschentals.
Am Parkplatz Fafleralp endet die Zufahrtsstraße zum Lötschental, das vom Fluss Lonza durchflossen wird. Dahinter beginnt alpines Gelände rund um den Aletschgletscher. Vom Bahnhof Goppenstein geht’s per Bahn zurück nach Kandersteg. In gerade mal 10 Minuten durch den Berg hindurch, den wir in einem Zweitagesmarsch gerade überquert haben.
Etappe 2 im Überblick
Von der Lötschenpasshütte bis zur Fafleralp
Wegpunkte
Harte Fakten
- Strecke: 14,9 Kilometer
- Marschzeit: 5 Stunden
- Aufstieg: 485 Höhenmeter
- Abstieg: 1407 Höhenmeter
Rückfahrt
- Mit dem PostAuto (Lötschental-Linie) von der Endstation Fafleralp zum Bahnhof Goppenstein: Der Bus verkehrt stündlich, allerdings nur zur Hauptsaison von Juni bis Oktober. Die Fahrt dauert ca. 34 Minuten. Kombi-Tickets für Postauto und RegioExpress (CHF 20) gibts direkt beim Busfahrer.
- Mit dem RegioExpress Lötschberger (Richtung Bern) vom Bahnhof Goppenstein durch den Lötschbergtunnel zurück zum Bahnhof Kandersteg: Die Fahrt dauert 10 Minuten.