1987. Klein-Claudi strahlte über alle Backen und ihr kleiner Hintern wippte aufgeregt auf dem Stuhl hin und her. Filmeabend im Hotel IBEROSTAR Pinos Park in Font de Sa Cala bei Cala Ratjada, Mallorca. Der Saal war gut gefüllt. Vor zehn Minuten war die Situation noch eine ganz andere. Da wälzte sich Claudi nämlich noch laut plärrend und wild mit Armen und Beinen fuchtelnd auf dem Boden des Hotelzimmers – so gar nicht einverstanden mit Mamas Ansage: Achtjährige, kleine Mädchen würden um diese Zeit ins Bett gehören und sollten sich keine Erwachsenen-Filme ansehen. Was da gezeigt wurde, interessierte den zickigen Knirps nicht die Bohne. Mitmischen, das war wichtig! Inzwischen war 20:30 Uhr durch. Der Vorspann des Films lief an und ruckzuck verstummte das dumpfe Gemurmel der Touri-Meute. Mitten unter ihnen Klein-Claudi und ihr Dickschädel.

Knapp 30 Jahre sind seither vergangen. Der Knirps bin ich und alles, was mir von meinem ersten und bis heute einzigen Mallorca-Besuch in Erinnerungen geblieben ist, ist dieser eine Filmeabend im Hotel. Schon verrückt. Während die meisten anderen mit der Balearen-Insel vor allem Feiern und Saufen assoziieren, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Der Blockbuster seinerzeit war … dun – dun – dun – dun – dun dun dun dun dundundundundundun … „Der weiße Hai“! Dass jener Abend für mich ein recht schnelles Ende fand, scheint nicht weiter überraschend. Und nun ratet mal, wer während des ganzen Urlaubs nicht ein einziges mal mehr im Meer baden ging. Richtig!
Finca
Wie auch immer, nachdem ich mittlerweile im fernen Australien mit der Unterwasserwelt und ihren Kreaturen meinen Frieden gemacht habe, scheint es doch an der Zeit, auch dem guten, alten Mallotze noch eine zweite Chance zu geben. Die Einladung meiner Cousine, sie und ihre kleine Familie nach Mallorca zu begleiten, habe ich also dankend angenommen.
Und nun öffne ich neugierig das knarzende Eingangstor zum mallorquinischen Finca-Leben. Neugierig auf alles, was mich dahinter erwarten wird. Neugierig auf diese für mich so gar nicht typische Art zu Reisen. Darauf, wie mein rastloses Ich wohl auf eine Überdosis Erholung reagieren wird.
Zu Fuß gehe ich den Restweg zum Haus – ein Natursteingebäude, rustikal. Es fügt sich perfekt ins trockene, erdige Landschaftsbild. Nur die weiß gerahmten Türen und Fenster heben es heraus. Verleihen ihm ein schmuckes Krönchen. Viola fährt unsere Karre vor. Ihre ältere Schwester, deren Mann und die drei Kleinen – zweimal sechs und einmal acht Jahre alt – waren schneller und sind dem ausgelassenen Kreischen und Glucksen nach zu urteilen gerade dabei, den Pool zu erobern. Zwischen Johannisbrotbäumen zur Linken und dem nächsten LSD-Trip zehrt Haus- und Hof-Esel – ich nenne ihn Müsli – noch von den Folgen des letzten und erholt sich nur langsam wieder vom euphorischen Begrüßungsakt. Rechts wohnt Schwein Schnitzel und unmittelbar daneben wartet ein kleiner Gemüsegarten mit Mandelbäumchen auf den ein oder anderen Tropfen Regen. Willkommen auf S’Esquerda. Im Land der Ruhepausen, Poolpartys und Barbecues.
Wohnen & Rumkommen
Der Mietwagen, ein Muss! Ansonsten würde man da draußen im Niemandsland festsitzen, oder gar nicht erst hinkommen. Knapp 50 Kilometer sind’s vom Flughafen in Palma de Mallorca, drei bis zum nächsten Supermarkt im Zentrum von Sant Llorenç – direkt bei der Kirche. Wer’s einrichten kann: Jeden Donnerstag zwischen 9 und 13 Uhr findet hier auf dem Kirchplatz ein kleiner Wochenmarkt statt. Auch auf ofenwarme Brötchen muss keiner verzichten. Die Dorfbäckerei Forn Nou Ca n‘ Amer öffnet um Acht ihre Türen und lockt mit dem Duft von frisch Gebackenem.
Details zur Ausstattung, Preise & Anfragen unter www.auf-nach-mallorca.info
Fiesta
„Festes de Sant Roc i Sant Bartomeu“ im etwa 20 Kilometer entfernten Capdepera. Zu Ehren der Schutzpatronin des hübschen Städtchens mit den vielen Natursteinhäusern und engen, gepflasterten Gassen wird den ganzen August durch ordentlich gefestelt: Sportwettkämpfe und Ice Age für die Kleinen, Radrennen und Oper für die Großen und für die jungen Wilden die „Nit de foc“. Nacht des Feuers. Grausige Dämonen geistern ausgelassen im Funkenregen durch die Straßen der Stadt. Feuer. Flammen. Überall. Eine mallorquinische Tradition, die ursprünglich wohl ein heidnisches Fest zur Sonnwende war. Das kommt uns Elztälern gar nicht spanisch vor – eher so allemannisch. Heißt bei uns nur Fasnet.
Nicht aber heute und ausdrücklich nicht für Kinder. Open-Air-Schwofen am Nachmittag mit DJ Javi Yáñez ist angesagt und die Plaça des Sitjar für die sogenannte „Tardeo Gabellí“ schon feierlich mit weißen Papier-Girlanden geschmückt. Doch bis die Fiesta so richtig in Schwung kommt gehen wir noch den kurzen Fußweg hoch zum Castell de Capdepera. Eine Festung wie aus dem Bilderbuch. Mit einer gut erhaltenen und mit zig Zinnen besetzten Ringmauer – Außengrenze des einstigen mittelalterlichen Wehrdorfs, die man abschnittsweise ablaufen kann. Mit quadratischen Wachtürmen und Schießscharten und einer mords Aussicht aufs Meer und die Nachbarinsel Menorca. Lasset die Ritterspiele beginnen …
Ausgehen & Essen
Das Castell-Gelände ist überschaubar und an sich gut gesichert. Übermütige Nachwuchsritter und Burgfräuleins sollte man dennoch nicht aus den Augen lassen. Was nach großem Abenteuerspielplatz ausschaut, ist immer noch eine wahrhaft echte Burg mit massig Stolperstellen. Für die Streber unter euch könnte das zugehörige Museum oder eine kostenlose Führung (auch auf deutsch) interessant sein.
Gelegentlich ziehen gewaltige Greifvögel aus Mallorcas einziger Falknerei über den Gemäuern ihre Kreise. Und für einige Tage – zu meinem Bedauern nur einmal jährlich im Mai – kehrt das Mittelalter zurück in die Bastei: Dann wird in folkloristischer Kluft gefiedelt, geflötet, gefeiert und nicht wie so oft nur der übliche Touristenramsch verscherbelt, sondern viel Wert gelegt auf lokale Delikatessen und Kunsthandwerk.
Öffnungszeiten, Infos und Termine unter www.castellcapdepera.com
Eine farbenfrohe spanische Fiesta für die ganze Familie – der „Tardeo Gabellí“ in Capdepera. Auch die Kleinsten dürfen mitfeiern … von fünf Uhr nachmittags bis Mitternacht. Dann geht’s für alle ab ins Bett!
Mar
Die drei Steppkes sind mit dem Pool absolut glückselig. Meer ist auch okay. Hauptsache Wasser. Ich mag das Meer mehr. Nicht das ewige Am-Strand-Rumgammeln, aber das Meer. Seine Weite. Die Tiefe. Das große Ganze. Hier weiß ich mich zu beschäftigen. Segeln, tauchen, surfen, schnorcheln, schwimmen, barfuß das Ufer abklappern. Und beobachten. Menschen. Wie sie Spaß haben. Nichts tun. Oder Dinge tun, die sie nicht tun sollten. Tiere. Pflanzen. Das Wetter und wie es die Farbe des Wassers, den Wellengang, ja sogar das Verhalten der Menschen bestimmt.
Während ich noch so vor mich hinträume, tänzeln die Kinder bereits freudestrahlend am Strand von Cala Mesquida auf und ab – voll ausgerüstet mit Schwimmring, Taucherbrille und Schnorchel. Die Haut gescheckt mit Resten von Sonnencreme. Startbereit … drin!
Am beliebten Strand von Cala Mesquida reiht sich Sonnenschirm an Sonnenschirm. Schattenplätze Fehlanzeige! Am Strand gibt’s Sonnenschirme zu kaufen, … … jedoch hat es sich so eingebürgert, den Schirm beim Verlassen des Strandes an gerade ankommende Besucher weiterzureichen.
Ebenfalls in voller Montur – inklusive Sauerstoffflasche und Neoprenanzug –, jedoch deutlich weniger startbereit stehe ich einen Tag später zusammen mit Viola hüfthoch im Wasser einer versteckten Bucht ganz im Osten von Mallorca. Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, seit ich meine Tauchlizenz erhalten und bis heute leider nie wieder gebraucht habe. Jetzt wünsche ich mir meine Unbeschwertheit von damals zurück, als meine Gedanken nicht ständig um irgendeinen Nasenreflex kreisten. Danke dafür, liebe Viola! ;) Ich brauche etwas Zuspruch: „Einfach rein in die Suppe, wie die Knirpse!“ Und schon läuft’s auch wieder. Auffrischungstauchgang erfolgreich bestanden. Yes!
Damit schließt sich der Kreis und es endet eine Mallorca-Reise, die vor 29 Jahren begann. Denn ohne es zu ahnen – kein Scherz –, bin ich genau dort untergetaucht, wo Klein-Claudi keinen Fuß mehr in den Ozean setzen wollte. In der Bucht von Font de Sa Cala.
Und mein Fazit zum „Family & Kids“-Erholungsurlaub auf Mallorca: Ich und der Pool, wir werden nicht warm miteinander. Dösen am Strand? Nep, auch nicht. Das gemeinsame Finca-Frühstück, die Barbecue-Abende, vor allem aber, mit den Kindern Kind zu sein, werde ich dagegen sehr vermissen und für alle künftigen Reisen zu bewahren versuchen.

Baden & Tauchen
Nichtsdestotrotz gibt es mehrere ausgeschilderte Wanderungen durch das Reservat. Sehr schön soll der 10 Kilometer-Marsch über den Gipfel des Es Telégraf bis zur benachbarten Cala Agulla und zurück über den Adlerberg „Puig de’s Agulla“ sein. Etwa halb so lang ist der Rundweg in nördliche Richtung zur Cala Torta.
Die Tauchschule bietet allerdings sowohl Anfängern als auch anspruchsvollen Tauchern Tauchausflüge zu verschiedenen, attraktiven Tauchrevieren rund um Mallorca an.
Guckst du hier: www.mallorcadiving.de
Herrliche Bilder! Vielen Dank für den Tipp :)
Traumhaft schöne Bilder :-) Ich liebe Mallorca, ich bin fast jedes Jahr dort für ein paar Wochen :)
Alles Liebe weiterhin
Nadja
Hallo Nadja,
vielen Dank! Ja, ich muss sagen, ich habe – wie vermutlich sehr viele andere auch – Mallorca lange Zeit sehr unterschätzt, was sehr schade ist. Jederzeit sehr gerne wieder :)
Liebe Grüße,
Claudi
Ach wie schön, dass du mit deinen eigenen Kinder da hin reisen konntest, wo du selbst als Kind schon Erinnerungen gesammelt hast. :) Deine Bilder gefallen mir wieder ausgesprochen gut und danke für die ganzen Infos. LG